

„Die neuen Safe-Link-Module erlauben Safety-Lösungen ohne Profisafe oder CIP Safety.“ – Michael Flesch, Produktmanager Safety-Systeme
Smarte IP67-Module vereinfachen sichere Maschinenapplikationen
Turck sieht sich vor allem als Automatisierungspartner im Bereich dezentraler IP67-Lösungen. Im Interview mit KEM-Chefredakteur Michael Corban erläutert Michael Flesch, Produktmanager Safety-Systeme bei Turck, wie weit sich auch Aufgaben der sicheren Automation mit dem Portfolio lösen lassen. Chancen sieht Flesch in den neuen, sicheren Multiprotokoll-I/O-Modulen mit Turck Safe-Link-Protokoll, aber auch in der Nutzung von IO-Link Safety.
Welche Neuigkeiten gibt es bei Turck im Bereich der Sicherheitstechnik?
Michael Flesch: Auf der SPS in Nürnberg haben wir unsere sicheren Multiprotokoll-I/O-Module TBEN-LL-4FDI-4FDO mit dem sicheren Turck-Safe-Link-Protokoll vorgestellt. Die Module können untereinander sicher kommunizieren und nutzen dazu die vorhandene Netzwerkstruktur des Anwenders. Sie arbeiten, wie auch die nichtsicheren Multiprotokoll-Module, vollautomatisch in einem der drei Protokolle Profinet, Ethernet-IP oder Modbus TCP. Die Turck Safe-Link-Module können sich untereinander über das Safe-Link-Protokoll erreichen und damit sicher Daten austauschen. Sie benötigen dazu keine laufende Steuerung oder Kommunikation. CIP Safety über Ethernet IP oder PROFIsafe sind dazu nicht erforderlich.
Welche Bedeutung messen Sie dem IO-Link-Standard für die Sicherheitstechnik zu? Unterstützen Sie IO-Link-Safety?
IO-Link-Safety ist aus meiner Sicht die wohl beste Möglichkeit, komplexere Applikationen sicher umzusetzen. Die könnten dann recht einfach über die Master in die jeweiligen Feldbussysteme eingebunden werden. Hier gibt es zurzeit nur eine Umsetzung bei PN/PS, CIP-Safe über Ethernet/IP und FSoE sind in Vorbereitung. Ich gehe davon aus, dass wir IO-Link-Safety schnell in die unsere Sensoren integrieren können. Zurzeit gibt es viele analoge Sicherheitsaufgaben wie z. B. Druck-, Temperatur- oder auch Durchflussüberwachungen, die nur mit einem hohen Aufwand in sicheren Maschinenapplikationen umgesetzt werden können. IO-Link-Safety wird da viele Applikationen vereinfachen.


Wie erfolgt die Einbindung der Sicherheitstechnik von Turck in die Engineering-Systeme der Feldbusse und Ethernetprotokolle?
Dazu stellen wir unsere Konfigurationssoftware TSC, der „Turck Safety Configurator“, zur Verfügung. Damit lassen sich die Module an den Ein- und Ausgängen konfigurieren, um damit die sicheren CRCs für das Engineering System zu bekommen. Dies wird sowohl für die TBPN- als auch für die TBIP-Module benötigt. Um es dem Kunden so einfach wie möglich zu machen, gibt es hier Basiskonfigurationen, die er nutzen kann, die anhand der Hardware-Einstellungen der Module direkt ein Basisprogramm liefern. Diese Konfiguration wird dann einfach ins Modul geladen. Die Module können danach in eine sichere SPS eingebunden werden. iPAR und SSID werden dann dem Kunden über ein validiertes Protokoll mitgeteilt. Die Software erlaubt es darüber hinaus, die im Modul befindlichen Ein- und Ausgänge direkt miteinander zu verknüpfen, um das Ergebnis an eine sichere Steuerung zu liefern. Damit sind schnellere Abschaltungen möglich als über die Verknüpfung zur SPS und wieder zurück. Dadurch sind unsere Module in der Lage, ohne FS-SPS sicher zu arbeiten, was einen neuen, modularen Ansatz bei Kundenapplikationen erlaubt.

Das ist ein interessanter Punkt – Turcks Steuerungstechnik basiert ja vor allem
auf den dezentralen Modulen der TBEN-Reihe. In welchem Umfang können damit auch Sicherheitssteuerungen realisiert werden?
Unsere TBEN-Module sind mit einer galvanischen Trennung der beiden Spannungen V1 und V2 in einem Strang versehen. Diese erlaubt es uns, über TBSB-Schaltboxen in IP67 die Spannung V2 für die Ausgänge sicher abzuschalten. Der Anwender kann dadurch einen Fehlerausschluss für die nichtsicheren Ausgangsmodule nutzen, um die Berechnung zum Nachweis der Sicherheit einfacher umsetzen zu können. Als Hilfe bieten wir für alle sicheren Module eine VDMA-Datenbank, die in Sistema, aber auch in anderen Berechnungstools eingebunden werden kann. Zusammen mit dem Safety-Portfolio unsere Optosensorik-Partners Banner Engineering können wir unseren Kunden eine komplette Lösung zur Maschinensicherheit anbieten, abgesehen von sicheren Aktoren.
Expert Talk: Turck Safe Link (EN)
Walk & Talk: Turck Safe Link (EN)
Welche sicheren IP67-Komponenten bieten Sie denn für den Maschinen- und Anlagenbau an?
Unsere sicheren IP67-Komponenten gliedern sich in zwei verschiedene Familien: zum einen in Geräte mit Ethernet/IP- und CIP-Safety-Kommunikation und zum anderen in Geräte mit ProfiNet/ProfiSafe-Kommunikation. In beiden Serien gibt es jeweils zwei Modulreihen, die halbvollen oder hybriden sicheren Module und die vollen sicheren Modulen. Erstere verfügen über eine sichere und eine nichtsicheren Seite. Auf der nichtsicheren Seite stehen zwei IO-Link Master Ports und zwei weitere nichtsichere I/O-Anschlüsse, die DXP-Ports, zur Verfügung. Die beiden DXP-Ports können intern sicher abgeschaltet werden. Auch der zweite IO-Link Port verfügt über eine komplette sichere Abschaltung. Das erlaubt Gruppenabschaltungen von nachgelagerten Ausgängen im Hybriden Modul, für bestimmte Anwendungen ein sehr interessantes Feature.
Die einzelnen Module unterscheiden sich über die Spannungsanschaltungen: einen 5- oder 4-poligen 7/8“-Anschluss oder einen M12-L-codierten Anschluss für höhere Ströme. Der maximale Modulsummenstrom liegt bei 9 A, die Versorgung von 2 A pro Port ist bis zu diesem Summenstrom möglich. So lassen sich auch große Aktoren wie etwa Ventile direkt schalten.
Übrigens: Alle Module lassen sich auch als sicheres Safety-Relais in IP67 nutzen, das in Verbindung mit einer nicht sicheren Steuerung in kleinen Applikationen den Einsatz einer fehlersicheren Steuerung unnötig macht. Auch möglich ist die Kombinatorik aus beiden, also dezentral vor Ort, mit sicherer Kommunikation zur fehlersicheren Steuerung. Das kann zu schnelleren Abschaltungen führen, die unter umständen in einigen Applikationen wichtig sein können. Dies ist nur möglich, da es sich um Module handelt, die über den Turck Safety Configurator konfiguriert oder parametriert werden. Für die Nutzung an einer Steuerung ist das GUI schon optimiert, so dass man hier schnell und einfach zum Ziel kommt.
In welchem Umfang werden die Safety-Funktionalitäten im Cloud-Konzept von Turck abgebildet?
Flesch: Profinet/Profisafe sowie Ethernet-IP CIP Safety können nicht direkt in eine Cloudlösung eingebunden werden. Das funktioniert nur über die Steuerung – und dann nicht sicher! Unsere neuen, sicheren Multiprotokoll-I/O-Module können allerdings direkt – genau wie auch die Standard-I/O-Module – über Modbus TCP aus der Cloud erreicht werden. Diagnosen, Freigaben und Status können damit übertragen werden. All dies geschieht aber immer noch nicht funktional sicher.
Autor | Michael Corban ist Chefredakteur der Fachzeitschrift KEM Konstruktion | Automation
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